Auswärtsspiel in Kleinschwarzenlohe
Verfasst am 6 Mai 2018 von Thomas Altrock
Herren 60 Bezirksklasse 1. TSV Kleinschwarzenlohe : TSV Lichtenau. 4:5
Mit einem sensationellen Paukenschlag eröffneten die Lichtenauer Herren 60 die Sommersaison 2018. Ein Häuflein Aufrechter, sprich die einzigen an diesem Tag spielfähigen sechs Akteure unserer Seniorentruppe, reiste am 1. Spieltag zu den sympathischen Gastgebern des TSV Kleinschwarenlohe und entführte dort in einem nervenzerreissenden Tenniskrimi die Punkte.
Ob es an schönen Wetter lag, dem unbedingten Siegeswillen oder doch an der energiegeladenen Bordverpflegung sei dahingestellt. Letztere, wie üblich vom Tenniskameraden Ali mit Herzblut und nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zusammengestellt, ließe die Cateringfirmen von Singapore Airlines vor Neid erblassen. Früchtesmoothie, Actimel Jogurth ( der mit den linksdrehenden LC1 Kulturen), ein schnöder aber kraftspendender Apfel und Hanuta fürs Gemüt machten schon die Anreise zum Vergnügen. Und dass, obwohl der Mannschaftsführer weitblickend die Autobahnroute und damit einen 30 minütigen Stau gewählt hatte.
Solchermaßen entschleunigt konnte man auswärts in medias res gehen.
Auch die Mannschaft aus Kleinschwarzenlohe bestand aus einer bunten Mischung alter Haudegen, die nicht gewillt war, den Gästen auch nur einen Spielgewinn kampflos zu überlassen.
Als erster bekam das unser Hermann zu spüren. Sein Gegenüber Wolfgang, dem Outfit nach ein Alt 68 er mit wehender grauer, leicht ausgedünnter Haarmähne bestach nach Anfangsschwierigkeiten mit unglaublicher Sicherheit. So war Strössi gezwungen etwas zu riskieren, was er auch mit Chupze erledigte. Lediglich die Netzkante war an diesem Tag nicht sein Freund und aufgrund seiner mangelnden Einzelmatchpraxis war mehr als ein 3:6/3:6 nicht erreichbar.
Zum Glück kämpft bei den Lichtenauer Herren 60 jeder für den anderen mit und beispielhaft erledigte dies wieder einmal unser Ali. Es half Jörg Horn nichts, dass er 3 Leistungsklassen besser eingestuft war, denn bei Temperaturen unter 25 Grad (Aussage Ali) hat dieser konditionell keine Probleme. Seine tiefrote Gesichtsfarbe reifster marokkanischer Tomaten ließ zwar anderes vermuten, aber auf dem Platz ließ Ali keinen Zweifel, wer Herr im Haus war. Geschickt störte er den Rhythmus seines Gegners nicht zuletzt mit seinen gefürchteten Mondbällen und Jörgs hingezischtes „Dreckstennis“ erlaubte einen tiefen Einblick in seine frustrierte Seele. Er behauptete nach dem Match, er sei ja eigentlich gekommen um Tennis zu spielen aber selbst seine Teamkameraden erklärten ihm daraufhin, das die Spielidee beim Tennis der Sieg und nicht das Schönspiel sei. Ali war es egal. Mit 6:3/6:3 war er wieder einmal Punktegarant.
Etwas leichter kam Dieter zu seinem Erfolg. Gegen den frohgemuten Rheinländer Udo Tillmanns ging er entschlossen und mit unbändigem Siegeswillen zu Werke. Von Anfang an agierte er mutig und spielte risikofreudig und mit gehörigem Druck. Lohn seiner ansprechenden Performance war ein 6:1 in Satz eins. Bei einem der ersten Ballwechsel im 2. Durchgang war es dann um die rheinländische Fröhlichkeit Udos geschehen. Beim Versuch einen scharfen Ball Dieters zu retournieren durchfuhr es seinen vorgeschädigten Schlagarm (ich zitiere wörtlich) „wie ein Blitz“, sein Schläger segelte zu Boden und das Match fand ein unrühmliches Ende.
Nicht zu seinem Spiel fand leider unser toppositionierter Leo. Gerhard Hahn, Spitzenspieler der Bayernliga 65 des TSV Kleinschwarzenlohe und zwei Jahre älter als Leo ist nur mit dem legendären Heinz Reichel zu vergleichen. Schon vor dem Spiel erläuterte er Leo wortreich welche Schläge gegen einen so alten Mann verboten seien. Dieses Wissen frischte er für Leo auch bei jedem Seitenwechsel aufs Neue auf um dann selbst einen gemeinen Stopp nach dem anderen zu spielen. Zwischendurch erinnerte er Leo daran, dass zu schnelles Spiel für sein Herz nicht gut sei und wenn er einmal den Ball nicht hundsgemein traf musste seine rechts feuchte und links trockene Maculadegeneration ( hier für Interessierte der Wikipedialink: https://de.wikipedia.org/wiki/Makuladegeneration ) als Erklärung herhalten. Kurz und gut - er zermürbte Leo verbal, mental und spielerisch und siegte 6:3/6:4.
Wer sich jetzt fragt: „Wo bleibt eigentlich der Fritz ?“ - hier ist er. Während all der oben beschriebenen Matches spielte unser Fritze mal wieder den Marathonmann.
Er und Siggi Fries wären als Zwillinge durchgegangen. Beide im clubroten Sweater, grauer, durchgestylter Frisur und mit einem Sicherheitstennis par excellence. Zermürbende Ballwechsel ohne grosses Risiko zogen das Match immer weiter in die Länge, aber keiner gab auch nur einen Fußbreit nach. Das Spiel wogte hin und her, mal führte Fritz, mal Siggi. Der Lichtenauer bog beim 7:5 schon auf die Siegerstrasse ein, kam dann aber beim 4:6 vom rechten Pfad ab. Der ungeliebte Matchtiebreak musste entscheiden. In diesem Nervenspiel hielt Siggi Fritz unerbittlich auf der Rückhand, so dass dieser ganz einfach keinen Vorhandwinner anbringen konnte. Da es im Tennis nun einmal kein Remis gibt und der Tennisgott seine Gunst nicht nur an Lichtenauer verteilt war Siggi beim 10:8 der Glücklichere.
Fast zeitgleich spielte sich ein ähnliches Drama zwischen Eddi und Rüdiger Gerritzen ab. Eddi führte schnell 5:2, dann stand es 6:6. Allen Respekt, wie Eddi weiter fightete. Ohne Angst zog er die Rückhand durch, wagte energische Vorhandschläge und schlug ordentlich auf. Der Lohn: 7:6. In Satz 2 drehte Rüdiger mit 6:4 die Partie und war im Supertiebreak sofort mit 3:0 in Front. Jetzt wuchs Eddi, angepeitscht von seinem gesamten Team, über sich hinaus. Üblicherweise versucht man in unseren Spielklassen in den entscheidenden Momenten Fehler zu vermeiden. Nicht so unser Edgar. Er machte einfach keine mehr, weil er gnadenlos aktiv seine Punkte erzwang. Die Beschreibung „Mentalmonster“ vermag nur unzureichend wiederzugeben, mit welchem Siegeswillen er zu Werke ging und sein 10:7 war der mehr als gerechte Ausgleich für das Pech von Fritz.
Jetzt war Raffinesse bei der Doppelaufstellung gefragt und Mannschaftsführer Thomas behielt trotz eines bereits seit Stunden im obersten Normbereich verharrenden Adrenalinspiegels den Überblick.
Im 1er Doppel vertraute er auf Dieter und Leo die dieses voll und ganz rechtfertigten. Beide agierten harmonisch und mit Power und wer Leos Longline Passierball und Dieters 2 raffinierte Lobs in der Schlussphase sah, dem konnte nur das Tennisherz übergehen. Lohn ihrer Performance: 6:2/6:3.
Das Herz blutete dagegen, als man den, letztendlich vergeblichen, aufopferungsvollen Kampf von Doppel 3, Hermann und Eddi miterleben musste.
Im 1. Satz fehlte ihnen nur ein Quäntchen Glück und so ging dieser Durchgang mit 7:5 an Kleinschwarzenlohe. Im nächsten Satz fegten ein Wirbelsturm über Jörg und Wolfgang hinweg. Mit sage und schreibe 6:0 rasierten die Lichtenauer ihre Kontrahenten. Insbesondere Hermann zeigte einen couragierten Auftritt. Seine giftige Vorhand stach ein ums andere Mal oder bereitete seine Netzangriffe, die er frappierend sicher abschloss, ideal vor. Leider machte Eddi dann im entscheidenden Matchtiebreak nach seinem kraftraubenden Einzel ein paar Fehler zu viel. Zwei- dreimal schoß er im Bemühen Druck aufzubauen übers Ziel hinaus und selbst die Kleinschwarzenloher attestierten Eddi und Hermann nach deren 7:10 an sich das bessere Team gewesen zu sein.
4:4 - und das letzte Doppel lief noch.
Fritz und Ali hatten den 1. Satz mit 6:4 gewonnen und standen beim 4:5 und 15:40 mit dem Rücken zur Wand. Wie sie sich aus dieser Zwickmühle herausspielten war ganz einfach sensationell. Fritz lief wie ein Wiesel an der Grundlinie hin und her, als ob er nicht gerade 2,5 Stunden Einzelmatch in den Beinen gehabt hätte, spielte Ball um Ball geduldig zurück und ließ sich auch nicht davon irritieren, dass Ali gelegentlich recht unorthodox am Netz irrlichterte. Wie er dabei aber teilweise irre Netzpunkte machte und nebenbei die Gegner mit hohen Grundlinienbällen ärgerte, war schon sehenswert. Die erste Chance auf den Gesamtsieg war der Tiebreak beim 6:6. Bei 3 Matchbällen für Lichtenau schien die Messe gelesen, aber man leistete sich, sehr zum Leidwesen der hilflos zusehenden Mannschaftskameraden, den Luxus, alle zu vergeben. Dies war auch der Moment in dem sich Thomas, in dieser Saison dazu verdammt nur als Ratgeber zu fungieren, entschloss, in Zukunft eine reiche Auswahl von Herz- und Beruhigungsmedikamenten mitzuführen.
Das 7:6 war ein entschlossener Vorhandschuß von Gerd Schröter ins Aus und dann kam was kommen musste. Aufschlag Ali—Return— Alis rechte Schlaghand hebt sich im berühmt-berüchtigten Winkel und es folgt der seitliche an sich verbotene Slice kurz hinters Netz, unerreichbar für die beiden Gerds auf der anderen Seite.
Selten hat man ein so berechtigtes Ba ba ba gehört wie in diesem Moment und der Jubel der Lichtenauer war sicher bis zur heimischen Anlage zu hören.
Es spricht für die Gastgeber, dass sie trotz der unglücklichen Niederlage die Contenance bewahrten und zu später Stunde gegen 21 Uhr ein feines Mahl samt wimbledonreifer Erdbeeren mit Schlagsahne auftischten. Höhepunkt war die Bereitstellung eines erlesenen Kirschbrandes durch den heimischen Mannschaftsführer aus dessen handverlesenen Früchten aus eigenem Anbau, den sogar unser ansonsten eher abstinenter Freund Ali der Einfachheit halber direkt aus der Designerflasche einnahm.
Vielleicht auch aufgrund des köstlichen Gesöffs gingen Mannschaftsführer Thomas, der im Übrigen, dem Beispiel unseres Platzwartes folgend, der ja auch den geläufigen Spitznamen Gack zu Saisonbeginn abgelegt hat, und nur noch Herbert hören will, in Zukunft mit „Herr Erfolgscoach“ angesprochen werden möchte, seine Abschiedsworte flüssig von der Zunge, und man schied aus Kleinschwarzenlohe mit dem festen Vorsatz, im kommenden Jahr in Lichtenau die Klingen zu kreuzen.
Das siegreiche Team mit dem "Erfolgscoach"
Man beachte den prall gefüllten Fresskorb mit der Bordverpflegung !